Die Klimakrise darf nicht isoliert von sozialen Krisen betrachtet werden. Der Sammelband Klimasoziale Politik präsentiert Vorschläge für eine klimafreundliche, sozial engagierte und antikapitalistische Politik.

Das von der Armutskonferenz, Attac und Beigewum herausgegebene Buch beginnt, indem es seine Leser_innen dazu aufruft, sich ein Szenario vorzustellen, in dem der Übergang zu ökologisch nachhaltiger Infrastruktur und sozial gerechteren Lebensbedingungen bereits vollzogen ist. Arbeitsstunden diktieren nicht mehr den Tag. Mieten sind gedeckelt. Alle haben Zugang zu gut isolierten Wohnungen und bester medizinischer Versorgung. Pflege wird angemessen entlohnt. Der öffentliche Verkehr ist das Hauptfortbewegungsmittel. Unternehmen verbinden beste Arbeitsbedingungen mit geringsten Emissionen. Der Einfluss der Reichen auf das politische Geschehen ist gekappt. Und nicht ohne Grund stellen sich beim Lesen Zweifel ein, ob solch eine Welt möglich sein kann. Das entworfene Szenario mag tatsächlich inmitten der zahlreichen Missstände der Gegenwart als Provokation anmuten. Jedoch ist es eine der größten Stärken dieses Buches, dass es dazu auffordert, solche Szenarien nicht als linke Utopien zu verwerfen. Es lädt seine Leser_innen ein, die Vorstellungskraft und den Willen aufzubringen, konkrete Maßnahmen für eine umweltbewusste und emanzipatorische Einrichtung der Gesellschaft weiterzudenken und den Kapitalismus nicht als naturgegeben hinzunehmen.

KLIMASOZIALE LÖSUNGSANSÄTZE AUF LOKALER EBENE

Der Sammelband legt den Fokus auf die Frage nach klimasozialer Politik in Österreich, ohne dabei die globale Ebene aus dem Blickfeld zu verlieren. Der erste Teil des Bandes befasst sich mit der Klimakrise, Klimaaktivismus und Klimapolitik in Österreich, während sich der zweite Teil Themen wie Geschlechtergerechtigkeit, Armut, Migration, Wohnen, Lohnarbeit, Pflege, Finanzsystem und Industriepolitik widmet. Es werden konkrete Schritte aufgezeigt, wie Klimapolitik mit sozialen Errungenschaften einhergehen könnte, z. B. durch Arbeitszeitverkürzung, Arbeitsplatzgarantie, Vermögensobergrenzen, Ausbau des öffentlichen Verkehrsnetzes, höhere Tierschutzstandards und lokale Wertschöpfungsketten. Die Vorschläge wollen das gegenwärtige System herausfordern und unterwerfen sich nicht der Profitlogik. Die Autor_innen veranschaulichen, dass klimapolitische Maßnahmen scheitern, wenn sie den Status quo reproduzieren, einkommensschwächere Personen härter treffen und von geringer Konsequenz für die Reichsten sind, die extreme Klimaschäden verursachen. Wünschenswert wäre gewesen, wenn sich der Band auch mit der Abwägung von Taktiken und Strategien befasst hätte sowie mit der Frage des Handelns auf lokaler Ebene trotz der globalen Dimension der Klimakrise. Das Buch richtet sich an alle, die ein Verständnis der Verwobenheit der aktuellen Krisen erlangen und sich mit gesellschaftlichen Gegenentwürfen auseinandersetzen möchten.