In einer Zeit, in der fast ein Drittel der Wähler*innen bei der Bundespräsidentenwahl für Kandidaten stimmten, die bedenkliche Ansichten über die österreichische Demokratie haben, ist es wichtig, dass es Verlage wie bahoe books gibt, die in ihrem Programm unter anderen Bücher präsentieren, die sich mit einer Zeit beschäftigen, in der solche Politiker an der Macht waren und die Welt an den Abgrund führten.

 

Wieder ist es eine Graphic Novel, die ich besprechen darf. Für sein Buch „Die Bibliothekarin von Auschwitz“, einer graphischen Umsetzungeines Romans von Antonio Iturbe, holte sich Salva Rubio diesmal Unterstützung von Loreto Aroca.
Das Buch erzählt die Geschichte von Dita Kraus, einem jungen Mädchen, das Ende der Dreißigerjahre in Prag lebt und das von Büchern begeistert ist. Ihre Welt ändert sich aber von einem Tag auf den anderen, als die Deutschen in ihre Stadt einmarschieren. Nicht nur der Krieg stellt Ditas Leben auf den Kopf, vor allem auch die Tatsache, dass sie Jüdin ist. Von der heilen Welt bis zur Katastrophe, der Deportation von Dita und ihrer Familie, sind es nur wenige Seiten. Die Bilder werden grauer, düster und dunkel.

Wie durch ein Wunder bleibt die Familie zusammen und kommt in ein Nebenlager, in dem die Gefangenen eine Schule für die Kinder organisieren. In dieser Schule übernimmt Dita die Stelle der Bibliothekarin, ein Job, der überschaubar und gefährlich zugleich ist. Nur acht Bücher befinden sich in Ditas Obhut. Darunter verbotene Werke, deren Besitz mit dem Tod bestraft wird. Doch die Bibliothek wird erweitert. Ähnlich wie in Ray Bradburys „Fahrenheit 451“ tauchen Menschen auf, die den Schüler*innen ihre Lieblingsbücher aus dem Gedächtnis erzählen. Die Kinder hören unter anderem die Geschichten von Nils Holgersson und dem Grafen von Monte Christo. Die Autoren nehmen die Leser*innen auf eine Reise mit, die im Allgemeinen bekannt ist, die aber durch konkrete Personen und Schicksale die Grausamkeit des NS-Regimes immer wieder bewusst macht.

„Die Bibliothekarin von Auschwitz“ ist ein Buch, das eine berührende Geschichte von einem jungen Mädchen erzählt, dem von Verbrechern ihre Jugend genommen wird. Ein Mädchen, das mit viel Mut, Geschick und Glück eine dunkle Zeit überlebt, aber einen Teil ihrer Familie verliert. Die Bilder erzählen von Schrecken und Brutalität, fangen aber auch die feinen, intimen Momente ein. Dieser Kontrast berührt und verstört zugleich.

Rubio und Aroca führen die Leser*innen behutsam durch eine grauenvolle Geschichte, die von den tiefsten Abgründen erzählt. Wie auch in den Grafiken in dem Buch finden sich aber an dunkelsten Stellen und den finstersten Zeiten ein kleiner Flecken Farbe, etwas Licht. Oder, wie es im Buch steht: „Selbst in der Hölle passieren kleine Wunder.“

 

Christian Orou